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STATIONEN: Ulrich Klieber

Die 100 Porträts umfassende Serie, von welcher eine Auswahl in der ABTART gezeigt wird, entwickelt sich bei Ulrich Klieber, einem grundsätzlich in Serien arbeitenden Künstler, aus einem Missverständnis heraus: „In China haben sich die Kollegen und Studenten immer ins Bild gestellt, sobald man irgendetwas fotografieren wollte. Immer Gruppen. Vor Tempel, vor Museum, vor Hochschule, vor Buddha …“

Die ruhigen Posen der Porträts entsprechen der ursprünglichen Herkunft dieser Porträts, als sich Kollegen und Schüler vor oder zu den zu fotografierenden Sehenswürdigkeiten gestellten haben. „Jede Person ist sich bewusst, dass sie in diesem Moment fotografiert wird, ja, sie will das, eben deshalb hat sie sich vor die Kamera gestellt, blickt in das Objektiv. Sie schaut ernst, ein wenig verlegen, oder sie setzt ein gefälliges Lächeln auf. Die Arme hängen gleichgültig herab, bisweilen verschränken sich die Hände, oder sie halten beiläufig eine Tasche, eine Wasserflasche oder ein Buch. Die Person verharrt in ihrer ruhigen Pose, bis der Gast aus dem fernen Germany den Auslöser gedrückt hat. […] Die chinesischen Dozenten und Studenten ahnten gar nicht, dass Ulrich Klieber nur das Bauwerk, nur den Buddha fotografieren wollte. Sie verfolgten die gut gemeinte Absicht, das Foto durch ihre Anwesenheit zu bereichern. Erst als der Künstler die Fotos vor sich sah, von den Monumenten so gut wie nichts und die chinesischen Freunde umso deutlicher erkannte, da sprang ihn das neue Motiv geradezu an: Das ganzfigurige Porträt in Lebensgröße oder knapp über Lebensgröße. Das war 2013 nach einem Aufenthalt in Tianjin gewesen.“ (Prof. Dr. Helmut G. Schütz, 2015)

Dabei lädt Klieber zur Betrachtung und Interaktion ein. „Die Darstellung in Lebensgröße erlaubt eine Kommunikation auf Augenhöhe, und da wir die Füße der Dargestellten nicht sehen können, scheinen wir diese direkt vor uns zu haben. Stehen wir vor einem wirklichen Menschen, dann würden wir niemals darauf verfallen, ihn von oben bis unten zu mustern, sein Gesicht, seinen ganzen Körper sozusagen mit den Augen abzutasten. Das wäre beiden, dem Betrachtenden und dem Betrachteten, unangenehm, peinlich. Eine derartige Zudringlichkeit würde uns der Anstand verbieten. Der Maler Ulrich Klieber hat die jungen Chinesen für uns, für das Kunstpublikum, objektiviert, und wir dürfen die Kunst gewordenen Personen nun studieren. Diese Form von Voyeurismus, die unter Menschen milde ausgedrückt als unhöflich gilt, ist im Umgang mit Kunstwerken wie mit jeder Art von Bildern sogar erwünscht.“ (Prof. Dr. Helmut G. Schütz, 2016)