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Resonanzen | Skulptur – Malerei – Fotografie
Gegenbilder zu Urbildern und Vorbildern
Räder, Leiter, Treppe, Säulen, Pyramide, Linse, Haus und Boot – die Urformen und Zeichen der menschlichen Kulturgeschichte sind es , die den Rottweiler Bildhauer Jürgen Knubben zu seinen radikal reduzierten Skulpturen anregen. Unter dem Titel »RESONANZEN« hat er drei ganz gegensätzliche Geistesverwandte und Freunde aus anderen künstlerischen Genres zum Dialog in der Stuttgarter Galerie ABTART eingeladen: die Malerin Beate Günther, die Fotografin Katharina Mayer und den Maler Jens Wolf. Die Ausstellung wird am 17. Mai um 19.30 Uhr eröffnet.
Jürgen Knubben (*1955) beschäftigte sich von Jugend auf mit Bildhauerei. Aber erst über den Umweg der Theologie kam er ganz zurück zur Kunst. Vielleicht hat das sein Faible für archaische Formen, für uralte Mythen und die stille Größe überzeitlicher Zeichen gefördert und so diesen spielerischen Verweis zur autodidaktischen Entwicklung eines unverwechselbaren Personalstils beigetragen. Jürgen Knubben arbeitet vorzugsweise in Stahl, der rosten darf und klare Kanten hat, manchmal aber auch ins Tanzen kommt.
Zum Jubiläum der Nofretete-Entdeckung hat er die Formen dieser ägyptischen Königinnen-Büste aufgenommen und in rostrotem Stahl stark vereinfacht bis genau zu jener Grenze, wo jeder Betrachter noch spontan erkennt: Nofretete! Knubbens Skulpturen sind konkret, ohne ihre symbolhafte Bedeutung ganz aufzugeben. Aber sie haben sich trotz ihrer Größe und Schwere von allem formalen Ballast befreit und verweisen spielerisch auf das ganz Ferne, ganz Alte, ganz Andere.
Auch die Malerin Beate Günther (*1957) spricht ihre ganz eigene, unverwechselbare Sprache an der Grenze des malerisch Sagbaren. Erst auf den zweiten Blick wirken die Arbeiten der einstigen Stuttgarter Sonderborg-Schülerin nicht mehr minimalistisch und mehr oder weniger monochrom. Aber die besonderen Farbpigmente sind es, mit denen ihre Bilder die Wirkung entfalten. In feinsten Strukturen am Übergang zum Relief entwickeln ihre Flächen je nach Lichteinfall und Position des Betrachters eine flirrende Lebendigkeit in der scheinbaren Ruhe.
Beate Günther hat an der Infantin im Madrider Prado eingehend die Farbgebung und Form von Diego Velasquez erkundet, Franz Kafkas surreale Texte – den »Hungerkünstler« oder »Die Brücke« – auf sich wirken lassen oder den proportionalen Geheimnissen von Francis Bacons Großformaten nachgespürt. Damals, in Berlin, regten sie die Proteste gegen den Golfkrieg zu stillen malerischen Statements (»Bagdad«) im militär-oliven Chromoxidgrün an und zu Reisen nach Vietnam auf den verblassenden oder grün zuwuchernden Spuren des Dschungelkriegs.
Die Fotografin Katharina Mayer (*1958) ist eigentlich Zögling der wirkmächtigen Düsseldorfer Photoschule von Bernd und Hilla Becher, die mit schwarz-weißer Fotografie alter Fachwerkhäuser und von den Relikten einer sterbenden Schwer-Industrie an Rhein und Ruhr zu Weltruhm kamen. Von diesen prägenden Lehrern aber hat sie sich noch weiter wegentwickelt als etwa ein Andreas Gursky, schon fast mythisch verehrter Weltstar der Gegenwarts-Fotografie.
Katharina Mayer wandte sich mit ihren oft langfristig angelegten künstlerischen Projekten den Menschen zu, dem Porträt und der Identität, den Kindheitsmustern und der Familie, oft in Auseinandersetzung mit den kulturhistorischen Traditionen und Konventionen. Der expressionistischen Malerin Paula Modersohn-Becker oder der schwarzen und linken US-Aktivistin Angela Davis widmete sie sich und lotete dabei die Möglichkeiten und Grenzen der Fotografie als künstlerisches Medium aus. Aber auch eine Art Ikonografie von wiedererkennbaren Zeichen der Kunstgeschichte, von Sprache, Theorie, Film und Video beschäftigt sie.
Auch der aus Heilbronn stammende Berliner Maler Jens Wolf (*1967) knüpft ganz bewusst an kunstgeschichtliche Leitbilder an. Allerdings sind das nicht Ikonen aus tiefer Vergangenheit, sondern die Chiffren einer nun schon klassischen Avantgarde Bei ihm sind es die Pioniere der reinen Abstraktion wie ein Piet Mondrian oder ein Frank Stella. Deren formalistische Reduktionen versucht er zu aktualisieren und in Bewegung zu bringen.
Mit ebenso behutsamen wie deutlichen Mitteln brechen die Bilder von Jens Wolf die geschlossene Strenge solcher Vor-Bilder auf. Die vielleicht schon zum Musealen erstarrten Motive dieses künstlerischen Epochenbruchs bringt Jens Wolf als Zitate und Fragmente in eine neue, ganz eigene Bewegung – vielleicht sogar zum Tanzen. Das Revolutionäre darf ihm nicht erstarren, sondern muss zu neuen malerischen Entdeckungen führen.
Autorin: Adrienne Braun